Dem Vorschlag der Bundesregierung, Projekte zur Immobilienfinanzierung aus der Befreiungsvorschrift für Schwarmfinanzierungen auszunehmen, stimmen wir als Verband nicht zu.

Immobilien-Crowdfunding bietet Kleinanlegern eine Möglichkeit zur Portfolio-Diversifikation, die durch geringe Mindestinvestments und kurze Laufzeiten gekennzeichnet ist. Bisher hat es in diesem Segment keinerlei Ausfälle gegeben, was nicht zuletzt auf die sorgfältige Projektauswahl der Plattformen zurückzuführen ist.

Darüber hinaus fließt die Finanzierung – die im Regelfall wirtschaftlich komplementär zu Bankdarlehen ausgestaltet ist, also durch solche nicht ersetzt werden könnte – zum Großteil in den Neubau von Wohnimmobilien. Aufgrund der Wohnraumsituation in Deutschland sollte es ein politisches Ziel sein, Investitionen in die Erstellung von Wohnimmobilien zu fördern.

Die Finanzierung fließt dabei ganz überwiegend der Angebotsseite zu (Finanzierung des Neubaus oder der Renovierung von Immobilien durch Projektentwickler), nicht der Nachfrageseite (Finanzierung des Kaufs von Immobilien). Sie erhöht also das Immobilien-Angebot und wirkt dadurch ganz im Sinne der Finanzstabilität Preissteigerungen und Überbewertungen auf dem Immobilienmarkt gerade entgegen.

Die im Evaluierungsbericht geäußerten Befürchtungen, Crowdinvesting für Immobilien-Projektentwicklungen könne zu einer Überhitzung des Immobilienmarktes beitragen , können wir daher nur schwierig nachvollziehen; vielmehr scheint uns das Gegenteil der Fall zu sein.

Hinzu kommt, dass ein sinnvolles Kriterium zur Abgrenzung von Immobilienfinanzierungen von anderen Arten der Finanzierung, insbesondere von der Unternehmensfinanzierung, nicht erkennbar ist. Die über die Plattformen häufig finanzierten Immobilien-Projektentwicklungen werden beispielsweise auch nach Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) als operative, unternehmerische Tätigkeit eingeordnet.

Unsere Stellungnahme zur KASG Evaluation finden Sie hier: https://www.bundesverband-crowdfunding.de/kasg-evaluation/

Fritz von Stechow, Leiter des AK Real Estate im Bundesverband Crowdfunding (Zinsland)

Überdurchschnittliches Wachstum sehen wir als Bestätigung des Geschäftsmodells
Die Sorge der Regierung entsteht anscheinend dadurch, dass das Wachstum dieser Finanzierungsform die Erwartungen übertrifft. Die starke Nachfrage ist für uns allerdings nicht Anlass zur Sorge, sondern eher die Bestätigung unseres Geschäftsmodells.

Hinweis der Regierung nehmen wir ernst 



Grundsätzlich nehmen wir den Hinweis der Politik ernst, auch wenn wir die im Konjunktiv gehaltene Stellungnahmen nicht überbewerten. Wir nehmen das Thema dennoch ernst, weil die Gesetzgebung diese neue Finanzierungsform ursprünglich zweifelsfrei nicht für die Immobilienbranche im Blick gehabt hat. Dass aber diese neue Finanzierungsform von der Branche offenbar dankend angenommen wird, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, zeigen die Statistiken eindeutig.

Weiterhin sind wir der Überzeugung, dass diese Form der Finanzierung Anlegern die Chance bietet, vom Immobilien-Boom zu profitieren. Das Kleinanlegerschutzgesetz stellt zudem sicher, dass die Belange des Verbraucherschutzes wahrgenommen werden. 

Gerne werden wir bei Bedarf an möglichen Gesetzesanpassungen des KASG mitwirken, sollten die die Besonderheiten und Bedürfnisse der Immobilienbranche eindeutiger Berücksichtigung finden.

Als Mitglied des Bundesverbandes Crowdfunding und Leiter des Arbeitskreises Real Estate Crowdfunding befinden wir uns bereits in Form von Anhörungen im Austausch mit dem Gesetzgeber und bringen dort unsere Ansichten vor. 

Zusätzlich gibt es allerdings auch andere aufsichtsrechtliche Produkte, die für diese Form der Finanzierung taugen.

Diese prüfen wir bereits und gehen davon aus, dass die Branche noch dieses Jahr andere Produkte wird vorstellen können.

Nachfrage nach Immobilien und die damit verbundenen Bauaktivitäten
Die Regierung befürchtet in ihrem Kommentar, dass die neue Form der Finanzierung zu einer Überhitzung beitragen könnte. Wir glauben nicht, dass Crowdinvesting für Immobilien der Auslöser von teilweise hohen Preissteigerungen in Deutschland ist. 

Vielmehr lassen sich diese Steigerungen auf folgende, grob dargestellte Tendenzen zurückführen:

Inländische wie auch ausländische Investoren legen aufgrund verschiedenster makroökonomischer und politischer Faktoren in deutschen Immobilien Geld an. Zusätzlich erlaubt das derzeitige Zinsniveau vielen Menschen Eigentum zu erwerben und günstiger als früher zu kaufen – beide Effekte erhöhen derzeit unter anderen die Nachfrage derart drastisch.

Tatsache ist aber auch, dass in vielen deutschen Metropolen der stetig steigende Bedarf an Wohnraum durch die aktuellen Bauaktivitäten nicht gedeckt werden kann. Wäre es daher nicht eigentlich zu begrüßen, dass Projektentwickler und Bauträger in ihren Bestrebungen, mehr zu bauen, unterstützt werden?

Genau dies tut die neue Form der Immobilienfinanzierung. Am Ende des Tages bietet die Immobilienfinanzierung in dieser speziellen und noch jungen Art ein Gegengewicht zur Nachfrage: mehr Angebot.

Zuletzt sei der Hinweis erlaubt, dass es sich bei den durch Immobilien-Crowdinvesting realisierten Volumina um einen noch sehr kleinen Anteil am Gesamtmarkt handelt. Die von der Regierung genannten 36 Mio. EUR sind in Anbetracht der Finanzierungsvolumina der Immobilienbranche allerhöchstens marginal.

Dr. Björn Maronde (Exporo):

Immobilien in der Befreiungsvorschrift für Schwarmfinanzierung weiterhin belassen

Der Vorstoß der Bundesregierung wäre dann nachvollziehbar, wenn das Immobilien-Crowdinvesting zu Problemen geführt oder Anlass für Beschwerden gegeben hätte. Genau das ist aber nicht der Fall.

Immobilien-Crowdinvesting ist vielmehr das Vorzeige-Segment in der Schwarmfinanzierung, denn es hat bislang keine Ausfälle oder sonstige Nachteile für Anleger gegeben. Das ist insbesondere der Verdienst der professionellen Arbeit durch die Plattformen, die eben nicht jedes x-beliebiges Projekt zur Schwarmfinanzierung anbieten, sondern im Interesse der Anleger sowie im eigenen Interesse sehr sorgfältig prüfen und auswählen.

Das Wachstum zeigt, dass Anleger diese neue, sehr transparente sowie ohne Vertriebs-Druck mögliche Geldanlageform annehmen, die durch die bereits bestehenden Vorschriften sehr weitgehend für den Anlegerschutz reguliert ist.

Dieses Wachstum sollte aber nun nicht als Vorwand dienen, ein einzelnes Segment der Schwarmfinanzierung zu benachteiligen. Denn hier geht es nicht darum, ein Privileg abzuschaffen, sondern eine Benachteiligung für ein Segment bzw. Branche (Immobilien) einzuführen. Einen nachvollziehbaren Anlass dafür gibt es nicht, wie bereits ausgeführt.

Auswirkungen des Ausschlusses aus der Befreiungsvorschrift:

  • Durch eine Prospektpflicht hätten Crowdinvesting Immobilien-Projekte, ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs, eine deutlich längere Laufzeit. Damit könnten ca. 80 % der bisher finanzierten Projekte nicht begleitet werden.
  • Die längere Vorlaufzeit durch eine Prospektpflicht würde die effektive Kapitalauszahlung an die Projektentwickler derart verzögern und damit Crowdinvesting nicht mehr attraktiv machen. Doch genau die vergleichsweise kleinen Emissionsvolumina beim Crowdinvesting von 400.000 € bis 2,5 Mio. € sind besonders bei kleinen und mittelständischen Projektentwicklern nachgefragt, da Fonds, Family Offices und Banken deutlich größere Projektvolumen mitfinanzieren.
  • Die erhöhten Emissionskosten bei einer Prospektpflicht (ca. 4 – 6 % des Emissionsvolumens) würden für das aktuelle Geschäftsmodell der Crowdinvesting Plattformen nicht mehr wirtschaftlich tragbar sein.

Dass Immobilien-Crowdinvesting ein Risiko für die Finanzmarktstabilität darstellen könnte, wirkt konstruiert.

Denn trotz des Wachstums ist das tatsächliche Finanzierungsvolumen marginal im Vergleich zu den klassischen Finanzierungsanbietern. Praktisch jede kleine Sparkasse vergibt pro Jahr mehr neue Immobiliendarlehen als alle Immobilen-Crowdinvesting-Plattform bzw. deren Anleger zusammen.

Hinzu kommt: Immobilien-Crowdinvesting finanziert nicht den Privaterwerb einer Immobilie, so wie es z.B. derzeit verstärkt die Lebensversicherer tun,  sondern ist ein Baustein in der Gesamtfinanzierung eines Projektentwicklers, der dazu in der Regel ein neues Unternehmen gründet, also ein Start-up. Das über Immobilien-Crowdinvesting erreichte Kapital fließt weit überwiegend in den Neubau von Wohnimmobilien. Damit aber wird das Angebot vergrößert, was Preisübertreibungen gerade entgegenwirkt. 

Für eine Benachteiligung des Immobilien-Crowdinvesting gibt es also weder einen Anlass noch eine Begründung.